Visual Correspondances [Buenos Aires 2009] Print E-mail
Exhibition

15. Mai – 07. Juni 2009

Centro Cultural Recoleta / Buenos Aires

visual correspondances correspondencias visualis
 

Marcelo Brodsky - Manel Esclusa - Cassio Vasconcellos

Pablo Ortiz Monasterio – Martin Parr – Horst Hoheisel

 
Book

visual correspondances correspondencias visualis

Marcelo Brodsky - Manel Esclusa - Cassio Vasconcellos

Pablo Ortiz Monasterio – Martin Parr – Horst Hoheisel

 

Texts by

Valeria González Eduardo Cadava Paola Cortes-Rocca

 

la marca editoria , 2009 SBN 978-950-889-183-9

 

 

Dialog in Bildern mit einem Freund
 

Ich hatte schon einige Projekte zu Kunst und Erinnerung mit dem Fotografen Marcelo Brodsky in Buenos Aires, Sao Paulo, Brasilia, Berlin und Hannover

realisiert. Darüber wurden wir Freunde. Er erzählte mir, dass er mit befreundeten Fotografen Foto-Korrespondenzen begonnen habe, die sich sehr spannend und ganz unterschiedlich entwickelten.

Da ich täglich seit vielen Jahren zeichne und das Zeichnen mir vorkommt wie Briefeschreiben an mich selbst, wie Tagebuch-auf-Zeichnungen, schlug ich Marcelo vor, einen Dialog Foto – Zeichnung zu beginnen. Er entwickelte sich für mich wie Briefeschreiben. Ich druckte seine elektronische Foto-Post aus, nahm das Foto ins Atelier, sah es von Zeit zu Zeit an, „las“ darin und so, wie man gewöhnlich einen Brief nicht postwendend beantwortet, dauerte es Tage, manchmal Wochen bis ich antwortete. Man muss in der richtigen Stimmung sein, einen Brief zu beantworten. Das Bedürfnis zu schreiben muss wachsen und auf der anderen Seite wächst das Warten auf die Antwort.

Obwohl ich die Zeichnungen einscannte und unsere Korrespondenz in der Schnelligkeit der globalen elektronischen Post zwischen Buenos Aires und Kassel

hin und her schoss, lief unser Dialog doch im Rhythmus des alt hergebrachten Rituals des Briefeschreibens ab.

Wie bei Einem Brief, suchte ich in der Zeichnung oft den richtigen Anfang oder Schluss, schrieb/zeichnete ihn oft neu, verfasste mehrere Versionen, ließ den fertigen Brief/Zeichnung tagelang liegen und zögerte ihn abzuschicken.

Dann wartete ich gespannt auf die Antwort, aber vergaß sie manchmal auch, weil ich in anderen Projekten gefordert war. Mitunter wurde ich von Marcelos Antwort überrascht. Ich kenne Vieles aus dem Leben meines argentinischen Freundes. Mit diesem Wissen las ich seine Bilder und natürlich floss dieses sich Kennen in unsere Korrespondenz ein. Aber der Besucher und die Besucherin in der Ausstellung, die Leserinnen und Leser, die unseren Dialog im Buch durchblättern, wie lesen sie unsere Bilder-Korrespondenz? Da ist nicht nur der Dialog und die sich entwickelnde Geschichte zwischen den Bildern sondern auch die Spannung zwischen den beiden Medien: hier Fotografie, dort Handzeichnung.

Gerade diese Spannung hat mich in diesem Dialog gereizt. Ob der uns unbekannte Betrachter das Auf und Ab der Geschichte, die ich mit Marcelo Brodsky in diesen Bilder-Briefen entwickele, die Sprünge und die Brüche verstehen kann, wage ich zu bezweifeln. Aber jeder Briefwechsel hat sein Geheimnis wie jedes gute Bild.

 
15. September 2009
 
Horst Hoheisel