Die Seele der Gebäude [Berlin 2006] Drucken E-Mail

copa da cultura

memoriantonia
die seele der gebäude
the soul of the buildings
[berlin 2006]

 

 

bilder der ausstellung


 
Die Ausstellung zeigt künstlerische Installationen mit Dokumenten und Objekten aus der Zeit der Studentenrevolte gegen die Militärdiktatur in Brasilien. Der studentische Widerstand begann 1968 in der philosophischen Fakultät der Universität Sao Paulo in der Rua Maria Antonia. Die Künstlerin Fulvia Molina nahm als Studentin damals selbst an den Auseinandersetzungen teil. Die Fakultät wurde nach den Straßenkämpfen und ersten Todesopfern unter den Studenten von den Militärs geschlossen und die Diktatur richtete ausgerechnet in der philosophischen Fakultät, dem Zentrum der Studentenbewegung, ein Verwaltungsbüro für die Gefängnisse von Sao Paulo ein. Nach der Diktatur wurden die Gebäude schrittweise der Universität zurückgegeben und heute versucht das Kulturzentrum Maria Antonia mit Theater, Konzerten, Ausstellungen und Diskussionsforen die Aufbruchstimmung der Studenten von 1968 in einer uns zeitgemäßen Form fortzusetzen.
Die Studenten von 1968 aus der Rua Mariantonia sind heute, wie in Deutschland auch, oft einflussreiche Persönlichkeiten an wichtigen Schaltstellen der brasilianischen Gesellschaft, haben nun selbst die Macht in Wirtschaft, Politik und Wissenschaft übernommen. Die Ausstellung hinterfragt, wie viel von den studentischen Idealen von 1968 heute noch wirken und wie viel beim Marsch durch die Institutionen zur Macht auf der Strecke geblieben ist.
 
Gemeinsam mit den deutschen Künstlern Horst Hoheisel und Andreas Knitz, die in Deutschland und im Ausland viele Arbeiten zu Kunst und Erinnerung realisiert haben, ging Fulvia Molina in den Jahren 2001–2003 auf Spurensuche in den teilweise noch leer stehenden alten Fakultätsgebäuden in der Rua Maria Antonia. Die Künstler schnitten Objekte aus den Wänden, sammelten Bruchstücke der Geschichte in den verlassenen Räumen, suchten nach Scherben der Seele der Gebäude.
 
Sie luden die ehemaligen Studenten von 1968 in die verlassenen Räume ein und fragten sie an diesem historischen Ort nach ihren Jugendidealen und was sie sich davon bewahren konnten und was Illusion war?
In zwei großen Ausstellungen, im Kulturzentrum Maria Antonia, Sao Paulo, 2003 und im Palacio do Congreso in Brasilia, 2004 verbanden die Künstler die Bruchstücke des Ortes aus der Rua Maria Antonia mit den Geschichten der ehemaligen Studentinnen und Studenten. In den Zwischenräumen zwischen den Worten und den Dingen konnte der sensible Besucher vielleicht noch etwas von der Seele der Gebäude und ihrer Geschichtein der Rua Maria Antonia spüren.
 
Ein Ausschnitt aus der Ausstellung MemoriAntonia, A Alma dos Edifícios wird nun vom 11.10. – 3.11.2006 im Ibero-Amerikanischen Institut gezeigt. Es ist eine Installation mit den Interviews der ehemaligen Studenten von 1968, einer Erinnerungsskulptur von Fulvia Molina und einer neuen Installation von Horst Hoheisel und Andreas Knitz aus Büchern, die während der Militärdiktatur unter die Zensur fielen.
Da die Ausstellung im Lesesaal des Instituts gezeigt wird, stellt sich zwischen den zensierten Büchern, die an Drahtseilen und mit Schraubzwingen fest verschlossen, von der Decke hängen eine denkwürdige Spannung zum gesamten Buchbestand der Bibliothek ein.